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Domenico Gaggini
Bildhauer |
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geb. ca. 1426 |
Bissone (Vater: Pietro; Söhne: Giovanni; Antonello) Neffe: Pace) °° I. Soprana de' Savignone °° II. Caterina (Nachname unbekannt) |
gest. Sept. 1492 | Palermo, Sizilien |
Domenico Gaggini, oft auch Gagini geschrieben, war einer der ersten Bildhauer der Frührenaissance in Genua, Neapel und Palermo. Seine sehr erfolgreiche Werkstatt in Sizilien wurde von seinen Söhnen und Enkeln weiter geführt und nahm bis nach 1700 eine Art Monopolstellung in Sizilien ein. Besonderen Ruhm erlangte sein Sohn Antonello Gaggini.
Ausbildung und erste Aufträge in Genua
Ab etwa 1400 hatte eine Welle der Auswanderung aus dem Südtessin und dem angrenzenden Val d'Intelvi nach Genua eingesetzt. Und das nicht ohne
Grund: die Republik Genua
war zur wichtigsten Seemacht im Mittelmeer aufgestiegen. Die Siege über die Rivalen Pisa im Jahre 1284 (Seeschlacht
bei Meloria nahe Livorno) und über Venedig 1298 (Seeschlacht bei Curzola vor der dalmatinischen Küste) führten zur Übernahme von Sardinien und
Korsika und zur Errichtung von Handelsniederlassungen in der Ägäis und am Schwarzen Meer.
Diese Karte von 1395 gibt eine Vorstellung von den Besitzungen und Handelsnieder-
lassungen Genuas im Mittelmeer und am Schwarzen Meer. Dunkelrot markiert sind die ständigen Niederlassungen Genuas, rosa die Gebiete mit starker Handelspräsenz und gelb die dominierende Stellung im Bankwesen. Die wichtigsten Handelsrouten sind gelb eingezeichnet.
Quelle: Codex Parisinus latinus (1395), in Ph. Lauer: Catalogue des manuscrits latins,
S. 95-96
Die durch den Handel reich gewordenen Adelsfamilien - es gab deren über 200 - übten nicht nur die politische Macht aus, sondern wollten diese auch durch den Bau von Palästen, Kirchen und Klöstern zur Schau stellen.
Als eine der ersten Familien kamen die Gaggini aus Bissone in die aufstrebende Hafenstadt, gefolgt von den Carlone aus Rovio, den Aprile und Solari aus Carona und den Cantoni aus Muggio. Von einer Generation zur nächsten wurden die Kenntnisse und Kontakte weiter gereicht, sodass bis ins 17. Jahrhundert die Bauunternehmer, Marmorhändler, Architekten, Bildhauer und Maler aus dem Gebiet des Luganersees den Markt beherrschten.
Domenico Gaggini wuchs also in diesem Klima auf, scheint aber auch in Florenz gelernt zu haben. Denn der Architekt und Bildhauer Filarete erwähnt
in seinem 1460-1464 erschienenen Traktat zur Architektur einen Domenico vom Luganersee, Schüler des Pippo Brunelleschi
. Dies könnte
gut sein, denn es gibt stilistische Ähnlichkeiten zu Filippo Brunelleschi (1377-1446) aus Florenz. Dieser machte sich vor allem als Architekt einen
Namen, insbesondere mit dem Bau der damals größten Kuppel, noch dazu der ersten mit doppelter Schale, für den Dom Santa Maria del Fiore. Als
Bildhauer nahm er 1401 am Wettbewerb für die Bronzetüren am Baptisterium in Florenz teil und erhielt für sein Opfer des Isaak den zweiten Preis nach
Lorenzo Ghiberti.
Filippo Brunelleschi, Das Opfer Isaaks, Entwurf für eine Szene an der Baptisteriumstür, 1401, Bargello Museum, Florenz
Den ersten größeren Auftrag erhielt Domenico Gaggini für eine Kapelle im Dom San Lorenzo in Genua, die er in den Jahren 1447-1456 mit Skulpturen schmückte.
Kapelle Johannes des Täufers mit Skulpturen von Domenico Gaggini im Dom San Lorenzo, Genua, 1447-1456
Neapel
1457-58 hatte er die Möglichkeit, zusammen mit anderen Bildhauern unter der Leitung des Architekten Francesco Laurana am Triumphbogen für Alfons
V. von Aragon mitzuwirken. Das Königreich Aragon in Nordostspanien mit der Hauptstadt Saragossa hatte 1442 die Herrschaft über Neapel und Sizilien
übernommen. Die Festung sollte zu einer prunkvollen Residenz ausgebaut und der Einzug von König Alfons V. besonders gefeiert werden.
Welche Reliefs und Figuren genau von Domenico Gaggini stammen, ist nicht überliefert. Als gesichert gilt seine Statue der Mäßigung, ganz links in der obersten Reihe.
Triumphbogen am Castel Nuovo in Neapel. Links die Statue der Mäßigung von Domenico Gaggini. 1457-1458
Ferner schuf er diesen Tabernakel für die Hofkapelle des neuen Herrschers in der Burg.
Sizilien
Im Juni 1458 starb Alfons V. von Aragon, und sein Bruder Johann II. (reg. 1458-1479) übernahm die Herrschaft des Königreichs, einschließlich Sizilien.
Er war es wohl, der Domenico Gaggini nach Palermo verpflichtete, um die Mosaiken in der Hofkapelle des Palazzo Reale zu restaurieren, die dreihundert Jahre zuvor entstanden waren.
Drei Jahre nahm diese Arbeit in Anspruch. Übrigens wurden die Mosaiken erst vor kurzem, 2003-2008, mit Unterstützung des deutschen Kunstmäzens Reinhold Würth, erneut restauriert.
Nun konnte sich Domenico Gaggini wieder der Bildhauerei widmen. Er erhielt den Auftrag, im Dom von Palermo die Kapelle der Hl. Christina auszuschmücken, einer Märtyrerin des 3. Jahrhunderts, die zusammen mit der Hl. Rosalia Patronin von Palermo ist.
Leider wurde die Kapelle der Hl. Christine um 1800 abgetragen, jedoch sind einzelne Figuren im Diözesanmuseum von Palermo ausgestellt (Säle VII und VIII).
Offenbar hatte sich Domenico mit diesem prestigeträchtigen Auftrag einen guten Ruf erworben. Einflussreiche Adelsfamilien bestellten bei ihm und seiner inzwischen florierenden Werkstatt Porträtbüsten oder Grabmäler, während für Kirchen in anderen Städten Siziliens Portale, Altäre, Statuen der Madonna und von Heiligen gefragt waren. Ein Beispiel ist das Grabmonument für Antonio Speciale in der Basilica San Francesco d'Assisi in Palermo, ein liegender junger Ritter in Rüstung.
Domenico Gaggini,
Kopf des Ritters Antonio Speciale,
Basilika des Hl. Franz von Assisi
in Palermo, 1473
Besonders beliebt waren seine Statuen der Muttergottes, deren elegante Haltung und zärtlicher Gesichtsausdruck die Betrachter in ihren Bann zogen. Immer häufiger verwendete Domenico dafür Carrara-Marmor aus der Toskana anstatt des porösen Tuffsteins wie in seinen früheren Werken.
Domenico Gaggini,
Madonna del latte,
Galleria Regionale della Sicilia,
Palermo
Als im Jahre 1866, nach der Einigung Italiens, zahlreiche Kirchen und Klöster aufgehoben wurden, kam auch die Madonna del latte in das größte Kunstmuseum Siziliens, die Galleria Regionale im Palazzo Abatellis in Palermo.
Nach Domenicos Tod im Jahre 1492 wurde die Werkstatt von seinen Söhnen Giovanni (geb.ca.1470) und Antonello Gaggini (1478-1536) weitergeführt. Sie und ihre Nachkommen hatten noch bis etwa 1750 als Bildhauer, Stuckateure und Goldschmiede einen guten Ruf und zahlreiche Kirchen in Siziliens rühmen sich, einen Gaggini
zu besitzen.
Begraben ist Domenico Gaggini in der Kirche San Francesco d'Assisi in Palermo.
Literatur
- Ein ausführliches Literaturverzeichnis finden Sie unter:
www.treccani.it
- Ferner in deutscher Sprache:
Kruft H.-W.: Domenico Gaggini und seine Werkstatt. In: Kulturhistorisches Institut Florenz (Hrsg.): Italienische Forschungen. dritte Folge. Band 6, Verlag F. Bruckmann, München 1972
Links
- Domenico Gaggini
- Domenico Gaggini (Treccani)
- Filippo Brunelleschi
- Castel Nuovo, Neapel
- Palastkapelle, Palermo
- Kathedrale von Palermo
- Museo Diocesano, Palermo
- Palazzo Abatellis, Palermo
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