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Bernardino Luini
Maler |
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geb. ca. 1480 |
Dumenza (I) (Vater: Giovanni Donato de Scapis; Grossvater: Bernardo; Mutter: Caterina Ravasi) °° ca. 1510 Margherita Lomazzo |
gest. 1532 | Mailand |
Bernardino Luini wurde vor allem für seine Wandgemälde in Kirchen und Palästen in der Lombardei und im Tessin berühmt. Sie zeichnen sich dadurch aus, daß es ihm gelingt, eine große Anzahl bewegter Figuren in eine harmonische Komposition einzufügen. Auch bei seinen Ölgemälden bevorzugte er Flügelaltäre mit mehreren Szenen, was jedoch spätere Generationen manchmal dazu verleitete, sie auseinanderzunehmen und einzeln zu verkaufen.
Der Maler wurde um 1480 im Ortsteil Runo der heutigen Gemeinde Dumenza in der Provinz Varese geboren. Von dort aus sind es nur wenige Kilometer zur Schweizer Grenze bei Astano im Malcantone, das man auf einem Fußweg erreichen kann. Noch bis 1850 pilgerten an Maria Himmelfahrt Prozessionen von beiden Seiten der Grenze zum Santuario dell'Assunta, das in der Mitte zwischen den beiden Dörfern liegt.
Der eigentliche Name der Familie war de Scapis, und wann sich Bernardino den Künstlernamen Luini zugelegt hat, wissen wir nicht. Das nahegelegene Städtchen Luino am Lago Maggiore mag ihn dazu inspiriert haben. In der dortigen Peterskirche sind noch Wandgemälde von ihm erhalten, die auf 1505 datiert werden und damit zu seinen ersten Versuchen als Freskomaler zählen.
Da sein Vater in Mailand tätig war, machte Bernardino Luini seine Lehrzeit in der Dombauhütte. Als seinen Lehrer vermutet man Giovan Stefano Scotti aus dem Val d'Intelvi, der von 1485-1520 im Dom mit Fresken beschäftigt war. Die Jahre von 1504-1507 könnte er dann beim Maler Gerolamo Dai Libri (1474-1555) in Treviso nahe Venedig verbracht haben, auf dessen Stil zwei Gemälde Luinis verweisen, die heute in Ungarn aufbewahrt sind: eine Madonna mit Kind im Christlichen Museum von Esztergom und eine Beweinung Christi (1506) im Museum der Schönen Künste in Budapest.
Wandgemälde
1509 ließ sich Luini ganz in Mailand nieder. Er erhielt Aufträge aus kirchlichen Kreisen und bald auch von reichen Privatleuten. So schmückte er zwischen 1509 und 1514 das Landhaus des Adeligen Gerolamo Rabia mit Freskenzyklen aus dem Alten Testament und dessen Stadtpalast in Mailand mit den Metamorphosen des römischen Dichters Ovid und den Geschichten von Kephalos und und Prokris aus der Amphitryon-Sage des Komödiendichters Plautus. Diese Fresken wurden später abgenommen und befinden sich heute in der Gemäldegalerie Berlin und in der National Gallery of Art in Washington.
Auch seine Wandgemälde in der Villa della Pelucca in Sesto San Giovanni bei Mailand aus den Jahren 1520-23, Geschichten aus dem Exodus und Geschichten von Apollo und Daphne, wurden im 19. Jahrhundert abgenommen und sind teils in der Pinacoteca Brera in Mailand, teils im Ausland verstreut. Hier ist ein fast modern anmutendes Detail:
Um 1520-1524 schmückte Luini die Kirche des Monastero Maggiore am Corso Magenta im Zentrum von Mailand aus. Es war einst das wichtigste geschlossene Kloster für Benediktinerinnen, das jedoch über genügend Geld verfügte, um bedeutende Künstler zu verpflichten. Hier sehen wir die beidseits bemalte Trennwand zwischen dem Raum für die Nonnen und dem Raum für die Gläubigen, das sogenannte Tramezzo.
Bernardino Luini, Fresken in der Kirche San Maurizio des Klosters Monastero Maggiore in Mailand,
ca. 1520-1524
Das Ölbild in der Mitte, die Anbetung der Hirten, stammt von Antonio Campi (1524-1587)
1986 erlaubte es eine anonyme Schenkung, mit der Restaurierung der völlig verschmutzten Fresken zu beginnen (das Kloster war 1798 aufgelöst worden
und die Kirche seither nicht mehr zugänglich), die 25 Jahre in Anspruch nehmen sollte. Bei der Fertigstellung im Juni 2010 titelten die Zeitungen
überschwänglich: San Maurizio, la Cappella Sistina dei milanesi restituita alla città
.
Übrigens befindet sich dieses Kloster nur wenige Gehminuten von der Kirche Santa Maria delle Grazie mit dem Abendmahl von Leonardo da Vinci, das in den Jahren 1494-1498 entstand. So ist es kein Wunder, daß der junge Maler viel von seinem älteren Vorbild lernte, vor allem was die verhaltene Gestik und den Gesichtsausdruck der Figuren anbetrifft. Später kam es öfters vor, daß die beiden Maler verwechselt wurden und man Luinis Bilder Leonardo da Vinci zuschrieb.
Einen weiteren Freskenzyklus schuf Bernardino Luini in den Jahren 1525-1526 in Saronno, zwischen Como und Mailand gelegen. Zur Ausschmückung des Santuario della Beata Vergine dei Miracoli wurden mehrere Künstler verpflichtet, und Luini schuf dort einige seiner besten Werke, zum Beispiel diese Szene in leuchtenden, sorgfältig aufeinander abgestimmten Farben.
Bernardino Luini, Die Verlobung der Jungfrau Maria, 1525-1526, Santuario della Beata Vergine dei Miracoli,
Saronno, Provinz Varese
Es herrscht eine sehr ruhige, feierliche Stimmung. Manchmal huscht ein Lächeln über die Gesichter, wie man es auch auf Gemälden von Leonardo da Vinci und Raffael sieht.
Luinis Hauptwerk in der Schweiz ist das große Wandgemälde in der Kirche Santa Maria degli Angeli in Lugano: die Passion und Kreuzigung Jesu.
Das Fresko besteht aus einer Vielzahl dramatischer Szenen, die sich auf verschiedenen Ebenen abspielen. Trotz der reichen Farbpalette strahlt die streng symmetrische Komposition eine feierliche Ruhe aus.
Bernardino Luini, Passion und Kreuzigung Jesu, 1529, Detail, Kirche Santa Maria degli Angeli, Lugano (CH)
Rechts unten zwischen den Bögen erkennen Sie den Hl. Rochus mit dem Pilgerstab, der auf seine Pestbeule zeigt. Der aus Montpellier stammende Rochus (ca.1295-1327) pflegte die Pestkranken, und seine Verehrung hat in Norditalien und im Tessin eine lange Tradition. Überall dort, wo die aus dem Süden eingeschleppte Pest zum Stillstand kam, wurden ihm Kapellen errichtet.
Ölgemälde
Auch bei Gemälden auf Leinwand oder Holz zeigt sich Luini als Meister der Komposition.
Bernardino Luini, Flügelaltar in der Privatkirche San Sisinio der Familie Torriani in Mendrisio (CH), 1524 (Rekonstruktion)
Leider ist dieses Polyptychon ein trauriges Beispiel für den Umgang mit Kunstwerken in Zeiten der Geldnot. 1795 beschloß der Familienrat, den Altar in mehrere Teile zu zerlegen und möglichst gewinnbringend zu verkaufen. Heute gehören: das Mittelfeld den Erben der Sammlung Di Rovasenda in Turin; der Hl. Stefan links den Erben des Marquess of Normanby, England; die Hl. Anna dem Museum of Art in Philadelphia, USA; der Hl. Alexander und die Hl. Katharina rechts sowie die fünf kleineren Tafeln unten, die sogenannte Predella, dem Norton Simon Museum of Art in Pasadena, Kalifornien.
1521 hielt sich Luini länger in Rom auf, wo er Gelegenheit hatte, die Werke des fast gleichaltrigen, gerade verstorbenen Raffel (1483-1520) zu studieren, der seinerseits stark von Leonardo da Vinci (1452-1519) beeinflußt war. Im Anschluß an diese Reise beschäftigte sich Luini intensiv mit der Darstellung von Madonnen und weiblichen Heiligen. Vergleichen Sie etwa Raffels Madonna del Cardellino mit Luinis Hl. Katharina.
Portraits
Neben diesen Großaufträgen malte Luini auch einige Portraits, zum Beispiel mehrerer Mitglieder der Familie Sforza, die von 1450 bis 1535 als Herzöge von Mailand über die Lombardei herrschten.
Bernardino Luini,
Kardinal Ascanio Sforza,
1522/26, Fresko,
Museo d'arte antica,
Castello Sforzesco, Mailand
Eines seiner besten Ölbilder hängt in Washington, U.S.A. Der leicht melancholische Ausdruck der unbekannten Dame erinnert an die berühmte Mona Lisa von Leonardo da Vinci im Louvre.
Familienleben
Um 1510 heiratete Bernardino Luini Margherita Lomazzo. Von den vier Söhnen wurden zwei, Giovan Pietro und Aurelio, ebenfalls Maler.
Ein Verwandter Bernardinos aus Dumenza, Bartolomeo Scappi (ca. 1500-1577), von dem sogar ein Bildnis existiert, widmete sich hingegen einer
ganz anderen Kunst, der des Kochens. Als Michelangelo der Küche
stand er im Dienst der Päpste Pius IV. und Pius V. und publizierte eine Sammlung
von über tausend Rezepten, die zahlreiche Auflagen erlebte und den Grundstein zur typisch italienischen Küche legte.
Literatur
- Agosti G., Stopa J., Tanzi M. (a cura di), Il Rinascimento nelle terre ticinesi. Da Bramantino a Bernardino Luini, Ed. Officina Libraria, Milano 2010
Mit umfangreicher Bibliographie über Luini und seine Zeit - Binaghi Olivari M.T., Bernardino Luini, Milano 2007
- Di Lorenzo A., in Pittura a Como e nel Canton Ticino dal Mille al Settecento, a cura di M. Gregori,
Milano 1994 - Fiorio M.T., Bernardino Luini e la pittura del Rinascimento a Milano: gli affreschi di San Maurizio al Monastero Maggiore, Milano 2000
- Fondazione Ghirlanda-Lepori, La chiesa di San Nazario a Dino e la Crocifissione di Bernardino Luini, Lugano-Sonvico (CH) 2015
- Fondazione Prioria della Torre, La Chiesa di San Sisinio alla Torre, Faltprospekt, Mendrisio (CH)
- Frangi F., Bernardino Luini, in Pittura a Milano. Rinascimento e Manierismo, a cura di M. Gregori, Milano, 1998, pp. 229-235
- Marani P.C., Il percorso artistico di Bernardino Luini: una traccia in Villa Pelucca e gli affreschi di Bernardino Luini. Documenti, curiosità, commenti, Sesto San Giovanni (I) 2010, pp. 11-22
Ausstellung
Bernardino Luini e i suoi figli, 10. April - 13. Juli 2014 im Palazzo Reale, Mailand
Kataloge:
Bernardino Luini e i suoi figli, Catalogo della mostra (Ausstellungskatalog), 330 Farbabb., Ed. Officina Libraria, Mailand 2014
Bernardino Luini e i suoi figli, Volume di itinerari (30 Orte mit Werken Bernardino Luinis und seiner Söhne in der Lombardei, im Piemont und im Tessin), Ed. Officina Libraria, Mailand 2014
Links
- Bernardino Luini
- Bernardino Luini (Treccani)
- Girolamo dai Libri
- it.Wikipedia, Chiesa di San Maurizio al Monastero Maggiore, Mailand (I)
- it.Wikipedia, Chiesa di Santa Maria degli Angeli, Lugano (CH)
- Luini im Norton Simon Museum, Pasadena, USA
- Bartolomeo Scappi
© U. Stevens 2011 / 2015